Karlstein ist die bedeutendste Burg in Böhmen und wird wohl zu den großartigsten Burgen in ganz Europa gezählt. Wenn man jedoch anfängt, sich mit der Geschichte dieser Burg eingehender zu beschäftigen, dann wird man sicherlich eines Tages feststellen müssen, dass Kaiser und König Karl IV. im Falle dieses Baues kein Interesse an einer eventuellen Publizität hatte. Es scheint fast so, als ob er den Wunsch gehabt hat, dass diese Burg für die breite Öffentlichkeit unsichtbar ist. Er konnte eigentlich keinen weniger geeigneten Platz für deren Aufbau auswählen. Von den umliegenden Hügeln aus schaute man fast in sein „Schlafzimmer“ hinein. Von seiner Beziehung zu der Burg zeugt auch die Tatsache, dass er bei der Grundsteinlegung abwesend war. Die ansonsten redseligen Chronisten sind im Falle von Karlstein rätselhaft schweigsam. Obwohl dieser Bau finanziell sehr anspruchsvoll war, weiß man fast nichts von seiner Geschichte. Und auch das Vorhaben, warum die Burg errichtet wurde, ist uns unbekannt. Die knappe Nachricht darüber, dass sich Karl IV. zum Ziel gesetzt hatte, nach dem Vorbild französischer Könige eine Sommerresidenz aufbauen zu lassen, wenn manche Wände bis sieben Meter dick waren, scheint auch zweifelhaft zu sein. Und so bleibt schließlich als einzige Sicherheit die Tatsache, dass von Anfang an damit gerechnet wurde, hier den wertvollen Schatz — die Reliquien — aufzubewahren, deren Verwalter von der geschichtlichen Tradition her unanfechtbarer Herrscher des Heiligen Römischen Reiches war. Infolge verhängnisvoller historischer Umstände war der Reichskrönungsschatz innerhalb der Burgmauern nur wenige Jahrzehnte untergebracht. Die böhmischen Krönungskleinodien dagegen, mit deren Unterbringung hier Karl IV. nie gerechnet hatte, verbrachten auf der Burg mehrere Jahrhunderte, verborgen hinter vielen Schlössern. Die Burg Karlstein ist ein Ort vieler Geheimnisse. Den Schleier von manchen zu lüften, war das Ziel des vorliegenden Buches.